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„Bürokratie ist die Herrschaft der Niemande“.

„Bürokratie ist die Herrschaft der Niemande und aus ebendiesem Grund vielleicht die am wenigsten menschliche und grausamste Herrschaftsform.“1

Dieser Satz drängte sich schlagartig wieder in mein Bewusstsein, als ich vor wenigen Tagen eine Arztpraxis verlies. Ohne Maske ist keine Behandlung möglich. Das Praxisteam bot mir eine Maske an, ich lehnte ab. Es gibt keine plausible, wissenschaftlich fundierte Erklärung für das Maskentragen in Praxen und Krankenhäusern. Warum bestehen diese Menschen also darauf? Angst vor Corona ist nicht mehr der Antriebsmotor. Die Begründung des Verhaltens von Seiten der Praxis ist aber die Bürokratie. – Weil es Gesetz ist! – Sie berufen sich auf das Gesetz und entledigen sich somit jeder Verantwortung und auch der Pflicht selbst zu denken. Sie hinterfragen nicht, ob das Gesetz sinnvoll ist oder nicht, sondern setzen es blind um. Das ist gefährlich. Wir müssen uns nur vor Augen führen, wozu blinde Gesetzestreue und Vorschriftsbefolgung geführt hat. Der Aufsatz von Arendt bezieht sich auf Mittäter des Naziregimes und ihre Abwälzung der Verantwortung auf das System. „Nicht ich, sondern das System, in dem ich ein Rädchen war, hat es getan“. (Arendt, 2018, S. 28.)

Natürlich sind Gesetze wichtig und natürlich müssen wir uns an Gesetze halten. Ohne Gesetze und der zugehörigen Bürokratie kann kein Staat funktionieren. Aber das bedeutet nicht, dass wir blind alles befolgen, nur weil es Gesetz ist. Wenn ein Gesetz keinen sinnvollen Nutzen hat, darf es nicht Gesetz sein. Und wenn die Gesetzgeber das Gesetz nicht ändern oder abschaffen, muss der selbstdenkende Souverän in der Demokratie den Staat auf diesen Missstand hinweisen und die Änderung oder Aufhebung fordern. 

Nein, ich möchte das Verhalten, die strenge Gesetzestreue und Vorschriftsbefolgung der Mitarbeiter in der Praxis nicht mit dem Naziregime und ihre Mittäter vergleichen. Was es aber zeigt, ist, alles ist möglich. Es braucht eben nur Menschen, wie diese in der Praxis. Wer mitmacht, stimmt zu. Tatsächlich endet die Maskenpflicht endlich Anfang März 2023. Nun kann man sagen, es sind doch nur noch wenige Tage. Ja, das stimmt und das ist gut so. Ich verstehe aber bis heute nicht, warum so viele Menschen mitgemacht haben und offensichtlich auch immer noch mitmachen. Rückblickend waren zu viele Menschen so, wie diese jetzt noch in der Praxis in Berlin. Und zu viele sagen nun, wir haben nur die Vorgaben, die Gesetze befolgt – sinnvoll fanden wir sie auch nicht. Wir können nichts dafür. Das war eben so.

Dafür bringe ich kein Verständnis auf. Es zeigt mir, alles ist möglich. Und das ist gefährlich. 

1Arendt, Hannah: Was heißt persönliche Verantwortung in einer Diktatur?, Hg. von Marie Luise Knott, München 2018, S. 28.

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